Nord Argentinien, 24.5.09

 

Nach mehreren Ausflügen in den Sierren von Cordoba, machen wir uns auf nach Mendoza.
Hier erwartet uns das ersehnte Ersatzteil für Jackys defekten Freilauf, welches wir letztendlich nach endlosem “mañana, mañana” selber organisiert haben. Wahrscheinlich haben wir halb Südamerika mit unseren Telefonaten verrückt gemacht. Pablo von www.ktmmendoza.com.ar schenkt uns das gebrauchte aber gut funktionierende Teil. So steht der Weiterfahrt mit unseren Katis nichts mehr im Wege.

 


Zwischenstation auf dem Weg nach Mendoza in Mina Clavera. Ein traumhaftes Plaetzchen zum Picknicken.

 


Die argentinische Art, um am Weekend zum Grillen zu fahren. Die ganze Familie wird aufgeladen und ab in den Park.

 


Wir lassen uns für ein paar Tage in dem berühmten Weingebiet nieder und besuchen mit dem Velo einige Bodegas (Weinkeller). Hier ist der Herbst in seiner bunten Farbenpracht eingezogen und in der Ferne sind die schneebedeckten Gipfel der Anden zu sehen.

Nicht nur weil ein Arbeitskollege den selben Familiennamen trägt, sondern auch weil es einer der wenigen Bio-Weinkeller in Mendoza ist, beginnen wir bei “Checchin”. Ein kleines gemütliches Weingut, welches als Familienbetrieb geführt wird. Der Patron selbst führt die Degustation der feinen Weine durch. Zum Schluss gibts noch den Besten aus dem Eichenfass. Kein Wunder, dass wir gleich ein Fläschchen in den Rucksack packen und am Abend in unserem Hostel bei einem Assado (Grillparty, zu der möglichst viele Leute eingeladen werden und es pro Person 500g bestes argentinisches Fleisch gibt) verköstigen. Leider ist dieser Wein in der Schweiz nicht erhältlich, da die Importbarrieren für kleine Betriebe einfach zu hoch sind und es sich somit nicht lohnt.
Am nächsten Tag gehts dann in eine andere Richtung und nach 10km Radtour stossen wir auf eine Grosskellerei, die man auch bei uns kennt: Trapiche
Eine professionell durchgeführte und organisierte Tour endet in einem edlen Präsentationsraum mit Glasboden zum Eichenfasskeller. Unter diesen Umständen verzichtet man gern auf die Teilnahme der OFFA, und schlürfen lieber vor Ort die eine oder andere Flasche leer…

 


Juan ist uns ein richtig guter Freund geworden und der Abschied faellt uns trotz grosser Freude auf die Weiterfahrt ein wenig schwer.

 


Das passiert wenn “man” zuviel Fleisch isst. Leuli steckt in der Eingangstuer zum Campingplatz fest.

 


Nach argentinischen Braeuchen machen wir es den Cauchos nach und satteln unsere Katis mit einem neuen Schaafsfell. Das macht die Fahrt fuer weite Strecken sehr angenehm und gibt bei Kaelte schoen warm…

 


Kakteenlandschaft rund um Rioja.

 


In Catamarca wird wiedereinmal demonstriert. Angeblich des Argentiniers Hobby und wir platzen mitten drein.

 


Nun sitzt uns aber der Winter im Nacken und wir entschliessen uns, zügig Richtung Norden zu ziehen. Gleichzeitig treibt uns auch eine Schlechtwetterfront mit kühlen Temperaturen voran. Über Rioja (im Gegensatz zu Spanien KEIN Weingebiet) und Catamarca, wo es uns seit langem wieder mal verregnet, biegen wir kurz vor Tucuman in die Berge nach Tafi de Valle ab. Unser Mut wird belohnt und auf 2500m lichten sich die Wolken und die Sonne strahlt uns ins Gesicht.
Mit 3000müM ist der Passübergang ein erstes Highlight und ziemlich frisch. Wir schlottern auch mit unserer “Winterausrüstung”. Die Einheimischen sind mit gestrickten Ponchos und Decken eingehüllt, um der Kälte zu trotzen.

Unten im Tal angekommen besuchen wir die Ruinen der Quilmes (ein Indio-Volk das sich 170 Jahre lang erfolgreich gegen die Spanier durchsetzte, um dann in der Deportation in BsAs zu enden) Bei der Begehung der weitläufigen Anlage läuft uns dann auch der Schweiss über die Stirn, den Rücken, den Beinen entlang in die Stiefel. So schnell wie sich die Temperaturen hier ändern können wir unsere Klamotten gar nicht wechseln.
An diesem Tag stellen wir wieder mal unser Zelt auf. Cafayate heisst der Ort und ist wie Mendoza mit riesigen Weingütern umgeben. Die sonst immer sehr gemütliche Morgenprozedur mit Frühstück und Zusammenpacken fällt diesmal etwas verkürzt aus. Es gibt nur kalt Wasser und das Thermometer zeigt minus zwei Grad an.
Die anschliessende Fahrt nach Salta entschädigt für alles. Ein buntes Tal mit satten roten Felsen, grünen Bäumen und ein strahlend blauer Himmel. Unsere Kameras laufen heiss und für 50km Strecke brauchen wir den halben Tag. Solange bis die Hungerrast uns überwältigt und wir am Strassenrand auf unsere Reserven zurückgreiffen müssen.

 

 

 


Die restlichen 150km bis Salta bestehen aus eintönigen Feldlandschaften. Dafür überrascht uns Salta mit einer in Argentinien noch nie gesehenen offenen und gemütlichen Plaza und hübschen Kirchen. Erst nach langem Suchen finden wir ein Hostel mit Parkmöglichkeit für unsere Katis.

Nach einem Ruhetag mit Stadtbesichtigung und Shopping fahren wir weiter Richtung Norden.
Die Wolken haben uns wieder eingeholt, aber es regnet zum Glück nicht. So gehts auf einer kurvenreichen Strecke durch einen subtropischen Wald nach Jujuy und weiter bis Pumamarca. Hier befindet sich ein siebenfarbiger Berg, den wir im Abendlicht umwandern. Tatsächlich schimmern die verschiedenen Schichten in allerlei Farben. Wir sind fasziniert von der Intensität und den skurrilen Felsformationen. Wir übernachten in den bunten Bergen in einem alten Hinterhofkämmerchen und am Morgen heizt der Hausherr, wie zu Omas Zeiten, erstmal den Ofen an, damit wir heiss duschen können. Es ist eine wahre Freude dieses zu beobachten. Und nach einer kalten Nacht freuen wir uns richtig auf die warme Dusche. Die Lebensansprüche des Volkes hier sind mehr als gering. Sie leben von der Hand in den Mund und strahlen aber eine Zufriedenheit und Herzlichkeit aus, die uns beeindruckt…

Von 2500müM gehts weiter in Richtung Jama Pass. Auf Abschnitte mit Serpentinen folgen weite Täler und gar ein grosser Salzsee. Im Gegensatz zum brasilianischen BMW-Fahrer, den wir am Mittag am Salar Grande treffen, der 700km (Salta - San Pedro de Atacama) an einem Tag abspult, nehmen wir es gemütlich und klimatisieren uns auf 3600müM an, bevor es am folgenden Tag auf 4800m nach Chile rüber geht. Nicht nur die Katis atmen schwer. Auch wir holen tief Luft, um an etwas Sauerstoff zu gelangen.
Ein Fotostopp folgt dem nächsten, denn die Landschaft ist extrem karg aber atemberaubend schön.

 

 

 


Die Menschen in den Anden sind scheu aber sobald man ihnen mehr Zeit widmet, als das uebliche
“Hola que tal?”, werden sie gespraechig und uns gegenueber sehr aufgeschlossen.

 

 

 

 


Gruss an Becky und Rollo: “In eisieger Kaelte, auf 4800m Hoehe rettete mich euer Notfallpacket vor
dem Erfrieren und Verhungern. Muchísimas gracias. Ich war noch nie so froh um eine Dose Thunfisch.”

 

Nach 300km erreichen wir am späten Nachmittag San Pedro de Atacama auf 2400m.
Am Grenzposten muss Jacky ihre, in der Schweiz akriebisch zusammengestellte, Küche auspacken. Der Zöllner besteht darauf, den Inhalt zu kontollieren. Von Gewürzen, Trockenpilzen, Tütensuppen, Reis bis hin zu Nudeln, Thunfisch, Honig und Tee ist alles dabei und der Import nach Chile jedoch verboten. Die Meisten kennen ja Jackys Hungerrast und wissen, wie wichtig dieser Bestandteil auf unserer Reise ist. Der Zöllner wühlt alles oberflächlich durch, fragt noch nach den Pilzen, konfessiert aber schlussendlich nur den in der Schweiz gekauften Honig, der aus Südamerika stammt. Jacky ist sichtlich froh, dass sie nicht mehr von ihrer Notnahrung abgeben muss.

Hier lassen wir uns auf einem Camping mit Garten nieder und verarbeiten erst mal die vielen Eindrücke der letzten Tage…

 

PS: Was wir manchmal so vermissen:

Jacky: Ob ich was vermisse: Ja es gibt wenige Momente; da denkt man an ein keimfreies Bett, wenn man mal wieder eine Notunterkunft beziehen musste, weil es weit und breit keinen anderen Unterschlupf hat und wir nicht zelten koennen. An Wasser, welches nicht aus der Leitung stinkt. Ich wuerde ich gern mal wieder Fondue essen, oder richtigen Cafe oder ne heisse Schokolade trinken oder mich einfach von meinen Eltern bekochen lassen. Auch wenn es hier reichlich zu Essen gibt und Fruechte und Fleisch zehn mal besser sind als bei uns, kriegen wir manchmal Heisshunger auf die Sachen, die wir von daheim kennen.
Man wird bescheiden hier. Einige Leute haben so wenig und uns wird wieder einmal bewusst, welches Luxusleben wir zu Hause fuehren. Wasser kommt aus dem Hahn, das kann man sogar trinken und unser Kuehlschrank ist immer voll. “Die Aepfel fallen vom Baum”.
Aber keine Sorge, es geht uns prima, sehr gut sogar. LEIDER haben wir nicht abgenommen, zur Freude unserer Eltern, die immer noch glauben, dass es hier nichts Nahrhaftes gibt.

Marc: Die schweizerische Zuverlaessigkeit nicht nur bei Personen ist schon was tolles und soooo selten hier unten.
Markenwaren (in der Scheiz teuer erstanden) wie Hosen, Kameras, Motorradjacken, Tankrucksaecke und und und…halten nicht.  Was ich nicht schon alles reparieren oder zurechtbiegen musste, geht auf keine Kuhhaut! Wir haben uns innert vier Monaten zu Reperatur- und Improvisationskuenstlern entwickelt.

Mit der Pünktlichkeit nehmen es Südamerikaner nicht so genau, was nicht zuletzt an ihrem anderen Zeitverständnis liegt. Sie leben in der Gegenwart und denken nicht ständig an das, was sie in naher Zukunft tun müssen. “Unpünktlichkeit wird nicht als unhöflich empfunden, eine Verspätung bis zu einer Stunde fällt meistens nicht ins Gewicht”.
Und so warten wir geduldig ab…

24.Mai 2009 · allgemein