Peru – Chile. Chile - Bolivien. Bolivien – Chile.

Chile – Bolivien. Bolivien – Chile.

Und so bekommen auch wir locker unseren Pass voll.

24.10.2009

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Mit der Einreise in Chile erhoffen wir uns wieder etwas mehr Zivilisation vorzufinden.

Doch am Zoll erwartet uns dann ein Röntgengerät wie am Flughafen, welches sämtliches Gepäck von uns bearbeiten will, Unmengen von Formularen und nervende Fragen, die wir zu beantworten haben.

So sind wir nach zwei Stunden Zollformalitäten einfach nur froh, überhaupt in das Land einreisen zu dürfen und schnell hat sich der Wunsch nach der eben noch erwähnten Ziviliation wieder gelegt.

Der ganze Aufwand für nur zwei Tage, denn wir wollen “eigentlich” so schnell wie möglich nach Bolivien, um den Salar de Uyuni und die Lagunen-Tour zu machen.

Aber wie heisst es doch so schön: “Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.”

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So erklimmen wir einmal mehr die Anden, übernachten auf 3600m und hoffen, dass wir
genügend Coca-Tee gegen die Höhenkrankheit getrunken haben. (Das Drogenkraut wirkt
gegen die Kopfschmerzen, die auf grund von raschen Höhenunterschieden entstehen)


Am nächsten Morgen reisen wir in Bolivien ein und nach dem Wasser und Benzin aufstocken
fahren wir Richtung Salar, doch weit kommen wir nicht. Als nach 150km bei einem Fotostopp
Jacky’s Kati plötzlich nicht mehr anspringen will, ist wieder mal Trouble-Shooting angesagt.
Da sind wir zum Superteam mutiert.


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Schadensgrund: kein Zündfunke vorhanden…
Kerze ersetzen – Stecker ersetzen – Zündspule tauschen – alles hilft nichts! Mittlerweile ist
auch die Batterie leer geörgelt und somit ist Kicken (auf 3800m) angesagt.

Zwischenzeitlich ist Jacky in den nächsten Ort gestampft, auf der Suche nach Leben.
Der Sandsturm fegt durchs Dorf, Wellblechplatten schlagen durch den Wind auf den Dächern
wild umher und verursachen gruselige Geräusche. Doch Menschen sind keine zu sehen.
An jede Haustür hat sie geklopft, bis nach langem Suchen eine Quechua-Frau ihr öffnete.
Sie spricht kein Wort Spanisch. Da hilft nur noch artikulieren mit Mimik und Gestik.
Sie bietet uns darauf hin eine Rumpelkammer als letzte Übernachtungsmöglichkeit an.
Na besser als nichts, denn an diesem Tag kommen wir sicher nirgendswo mehr hin und

der Sandsturm nimmt zu. Ein Glück, dass die schüchterne Quechua uns nun die Tür zum
Raum mit Bett aufsperrt.
In Bolivien ändern sich die persönlichen Bedürfnisse und reduzieren sich auf ein Minimum.
Wir sind bei Maslow ganz unten angelangt und Improvisation ist unser bester Freund geworden.

Auch der nächste Tag bringt keine Änderung der Dinge. Mittlerweile ist jedoch der
Grund gefunden: Kurzschluss im Alternator. Zwei Kabel sind durchgeschmort.
Der lokale Mechaniker, ein Mann für Alles, lötet die Unterbrechungen zusammen
und misst das Teil elektrisch aus, doch auch weiterhin kein Wank.

Nachdem wir uns in den vergangenen Tagen nur von Keksen, Thunfisch aus der Dose
und Suppe ernährt haben, wollen wir nicht noch länger in dieser verlassenen Gegend ausharren.
Das Wasser geht zu Neige, Nachschub gibt es nur aus der Kloacke und uns verlassen in der Höhe
langsam die Kräfte, wir müssen etwas tun.

So entschliessen wir uns mit einer Camionetta zurück zur Grenze und von da per Anhalter nach
Iquique zu einem Motorradmech zu fahren. Der Mann für Alles will uns zur Grenze bringen,
natürlich ohne jegliche Lizenz, aber das kümmert uns wenig. Hauptsache weg hier…

Die ganze Story würde Seiten füllen. Nur soviel vorweg: Auf dem Weg bleibt auch noch die
Camionetta mit technischen Problemen liegen und muss vom aufgebotenen
Motorrad-Express-Reparaturdienst mitten in der Wüste repariert werden. Zu Mittag serviert
uns Che dann Kekse mit Thunfisch. Die Einheimischen haben es nicht so gern, wir auch nicht,
aber: “Besser als nichts, es könnte ja schlimmer kommen.


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Aber nach zwei weiteren Tagen treffen wir endlich in der skurrilen Hafenstadt Iquique ein
und Charly, weit und breit der beste Mech und bis an die Grenze bekannt, kann uns innerhalb
von einem Tag den Alternator reparieren. Und was macht Jack? Ist auf der Suche nach Essbarem…


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Bei einem erneuten Versuch den Salar zu entern scheitern wir an der chilenischen Bürokratie,
die uns auf einer abgelegenen Strasse nicht von der zollfreien Region 1 in die Nächste reisen lässt,
sodass wir die ganze Strecke wieder zurück müssen. Rasch mal 500km inklusiv Plattfuss – und
nur 50km vom morgentlichen Ausgangspunkt entfernt. Da kommt doch Freude auf, zumal wir uns
zuvor bei der Touriinfo in Iquique ausführlich informiert haben und man uns vergewissert hat,
dass die Einreise auf diesem Weg möglich sei. Was lernt man daraus?: Glaube nie einem
Südamerikaner. Denn eigentlich weiss er alles, aber nicht wirklich. Und wenn er einmal etwas
nicht weiss, erzählt er dir einfach irgendwas, damit sein Stolz nicht verletzt wird, ob es nun
stimmt oder nicht. Der Rest ist Sache des Extranjeros (Ausänder) wenn er es glaubt. Wahnsinnig witzig…

Wir entschliessen uns, noch einen Versuch zu wagen. Alle guten Dinge sind ja wohl drei.
Auch dieses mal wird es uns nicht leicht gemacht. Kurz vor der Einreise, erneuter Plattfuss,
der nicht zu flicken ist. Drei Versuche scheitern kläglich, weil der Superkleber nicht hält.
In der Schweiz hat man uns den Kleber aber als hochwertiges Produkt verkauft,
welches bei allen Witterungsbedingungen trocknet. Pustekuchen. Leuli möchte an diesem
Tag einmal mehr Produkteprüfer werden und ist echt sauer. grrr


Drei Stunden probieren wir alle Varianten. Wir werden richtig erfinderisch und verwenden
den einzig letzen Reservepneu, der eigentlich für den Hinterreifen gedacht ist. Doch der ist zu fett.

Kommt dann doch mal ein LKW vorbei, reagiert dieser auf Jackys winken, mit der Bitte zum
Anhalten damit, dass er erst recht auf das Gaspedal drückt, sie fast umkarrt und uns in
eine Staubwolke hüllt. Na toll, echt freundliches Volk…

Mit einer Druckpatrone, unserer eisernen Reserve, füllen wir nun den Pneu und kommen
so wenigstens zum nächsten Dorf, um den Schlauch dort flicken zu lassen, in der Hoffnung,
dass dieser auch hält, denn in der Höhe funktioniert irgentwie nichts.

Aber er hält, juchu.

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Never give up…

Irgenwann, nach etlichen Anläufen, staubigen und steinigen Pisten haben wir es dann
aber doch noch geschafft, in den Salar de Uyuni zu kommen und wir sind umsomehr
begeistert von der riesigen Salzwüste, sodass wir uns entschliessen eine Nacht in der Einsamkeit
und Einöde zu verbringen, um die Anstrengungen auch voll auszukosten.

Wir finden ein windgeschütztes Plätzchen, wo wir kochen und unser Zelt aufstellen können.
Mit fantastischen, einsamen Sonnenunter- und aufgang und einem glasklaren Sternenhimmel
werden wir dann belohnt.

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Da freut man sich so auf einen feinen Dessert mitten im einsamen Salar - und was kommt
aus der Dose? purer Rahm! liegts an der eigenartigen Deklaration oder ist unser Spanisch
immer noch sooo schlecht???

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Die Fahrt geht weiter über Uyuni (Cementario de Trene, wo sich Rebecca kürzlich auch verehwigte)
Richtung Süden zu den Lagunen. Muchos Besos Chica.

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Dazu soviel: vor lauter Tiefsand über hunderte Kilometer, eisigem Wind, mangelndem
Sauerstoff und tagelang keinerlei Infrastruktur, befinden wir uns echt am Limit.
Doch es gibt kein Zurück.
Zu tief sind wir vorgedrungen und stehen bleiben heisst, verloren zu sein in der
einsamen Gegend. Doch irgendwann kommst du an den Punkt, da spürst du nichts mehr,
da bist du einfach nur geschlaucht, da funktionierst du nur noch.

Obwohl die Szenerie gigantisch ist haben wir oft keine Lust den Fotoapparat zu zücken.
Doch die Bilder haben sich in unsere Köpfe gebrannt!

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Zollposten auf 5020müM - es ist einfach nur f**king cold up here…

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Auch die zwei Argentinier die wir treffen, haben nach einem Sturz im Tiefsand technische
Probleme und müssen zur nahegelegenen Grenze zurückkehren.


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Die Strapazen enden jedoch nicht in San Pedro de Atacama (Chile, Südamerika, Erde
(für die die es nicht kennen)). Irgentwie scheinen wir es zu brauchen und anzuziehen.

Eine weitere Prüfung müssen wir durchstehen als wir “rasch” nach Salta in Argentinien
rüberstechen wollen. Auch hier zwingt uns der eisige und heftige Wind in die Knie und
wir übernachten in einem Campamiento einer Miene auf 4500m.
Drinnen ist’s so kalt wie draussen (-10º), da nachts der Strom und somit auch die
Heizung ausgeschaltet wird.

In Töffklamotten, dem dicken Schlafsack und 4 Wolldecken gehüllt überleben wir die
Nacht gut und können am Morgen den Abstieg nach Argentinien wagen.

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Comment by Jacky für die, die mich kennen:
“Steh auf, wenn du am Boden bist, steeeeh aauuf…” Song by T.H.”

Ich bin noch nie so körperlich am Limit gelaufen. Du bist am Anschlag und darfst
nicht aufgeben, denn dann hast du verloren. Eine echt harte Erfahrung, die wir machen
mussten. Doch im Nachhinein denke ich, jetzt wo wir uns von den Strapazen erholt haben:
Was dich nicht umbringt, macht dich stark und bringt dich nur weiter voran.

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In Salta angekommen überwältigt uns wieder das Warenangebot und die Qualität der Produkte
und wir sind baff über die Konsumwelt. Haben wir doch in den letzten Wochen nicht mal Brot
und Wasser, geschweige denn eine Art Frucht in den Läden vorgefunden, hat es mit einem Schlag Alles.
Beim ersten Versuch unseren Grundbestand wieder aufzufrischen, kommt Jacky mit leeren Einkaufstaschen wieder zurück.
Es hat einfach zuviel, sie konnte sich nicht entscheiden…Und das war noch nicht mal der Gallus-Markt.

Zuerst muss das Erlebte verarbeitet werden, dann gehts weiter. Wir trinken Espresso und Frischgepressten im Parkcafe und kucken uns mit grossen Augen an – unsere Geschmacksnerven spielen verrückt…

…willkommen im Leben.

Muchos saludos de los dos motoqueros.

Herzliche Grüsse von den zwei motoqueros

Marc y Jacky

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PS by leuli: bis anhin war ich im Glauben , XP funktioniert, doch nach genau sechs Monaten kackt das in Salta gekaufte Notbook ab. Bluescreen. Nichts geht mehr. Neuinstallation. Alle Bilder, alle Programme, alle Downloads, alles weg…. Am liebsten würde ich jetzt B.G. mit einer mitteralterlichen Foltermethode von dieser Welt befreien!

24.Oktober 2009 · allgemein